Ganzheitliche Betrachtung von Krankheiten

Wie definiert sich Krankheit unter ganzheitlicher Betrachtungsweise?

Das System Mensch ist ein Netzwerk bestehend aus fünf verschiedenen Ebenen.

1. Die physikalische Ebene.
Darunter verstehen wir alle Zusammenhänge, welche gegeben sind durch geographische Lage und klimatische Faktoren .

2. Die Toxische Ebene.
Exogene (von aussen) und endogene (von innen) Stoffe mit toxischer Wirkung, welche auf das System Mensch einwirken. Als Beispiel: Ernährung, Umweltgifte, Erreger, wie Viren und Bakterien.

3. Genetische Ebene.
Hierunter verstehen wir, was die Naturheilkunde „Konstitution“ oder „Disposition“ nennt und der Schulmediziner mit Erbmasse oder genetischem Muster bezeichnet.

4. Seelische Ebene.
Alle seelischen Einflüsse oder von der Psyche auf das System wirkende Energien sowie auf die Psyche wirkende von aussen einwirkenden Faktoren machen diese Ebene aus.

5. Karmische Ebene.
Dies mag für manche Menschen etwas schwieriger zu verstehen sein, doch auch die karmische Ebene existiert.
Ich möchte es als übergeordnete Kraft bzw. göttlichen Plan bezeichnen. Diese Ebene ist stark von religiösen oder kulturellen Faktoren abhängig; es mag sich hier um die eigentliche Sinnfrage handeln.

Die ganzheitliche Definition von Krankheit ist folgende:
Je mehr Ebenen von aussen bzw. von innen betroffen und aus dem Gleichgewicht geraten sind, desto kränker wird das gesamte System !
Mit anderen Worten:
Ein gesundes System befindet sich in völligem Gleichgewicht.

Es mag nun verständlich sein, weshalb eine Therapie, welche nur eine oder zwei Ebenen anspricht nicht wirksam sein kann.
Benutzen wir Medikamente, die rein symptomatisch einen kleinen Teil im System verändern, so erhöhen wir (dies wird mit „Nebenwirkung“ bezeichnet) z.B. den toxischen Anteil; dadurch wird das gesamte System noch mehr aus dem Gleichgewicht geworfen.

Die Lenkung von vernetzten Gefügen, wie dies der Mensch ist, kann und darf niemals linear, d.h. von einem Punkt in eine einzige Richtung erfolgen !

Wenn wir mit falschen Mitteln auf ein vernetztes System regelnd eingreifen, resultiert daraus Chaos.
Mit diesem Thema haben sich bereits einige Wissenschaftler und Philosophen, darunter Paul Watzlawick und Frederic Vester beschäftigt.

Die Kunst, vernetzt zu Denken von Frederik Vester

Ich selbst habe 1991 für die UBS ein „Brevier für vernetztes Denken “ geschrieben. Erkenntnisse aus der Anwendung von vernetztem Denken werden schon seit längerem im Management verwendet. Leider hat dieser Denkansatz in der Medizin noch keine breite Basis gefunden, dies würde nämlich heissen, dass die „Erfahrungsmedizin“ und nur diese wendet vernetztes Denken an, eine wesentlich grössere Anerkennung finden würde !

Brevier für vernetztes Denken
© UBS-ORKI, Mai 1991 (leicht verändert zur Erklärung des Systems „MENSCH“)

1. Das Ganze und die Teile
Um ein System zu erkennen, müssen auch seine Teile erkannt werden. Das Zusammenwirken der Teile im System muss wahrgenommen werden, nicht das Wirken der einzelnen Teile. Die Teile müssen zusammen passen, um ein Ziel gemeinsam und sicher erreichen zu können.

2. Vernetztheit

Ganzheit ist das Zusammenwirken der Teile. Es gibt verschiedene Wirkungsbeziehungen, die nicht kausal (ursächlich), sondern zirkulär (kreisend) sind, dies wird in einem Netzwerk dargestellt. Es gibt gleichgerichtete und entgegengerichtete Wechselbeziehungen. Negative Rückkoppelungen sind stabilisierend, positive Rückkoppelungen sind entweder aufschaukelnd oder zusammenbrechend. Die Gefahr bei der Beurteilung von Netzwerken besteht darin, dass einzelne Teile und Beziehungen isoliert vom Ganzen betrachtet werden. Damit wird deren Wirkung nicht genügend erkannt.

3. Das System und seine Umwelt
Es hängt vom Problem, bzw. vom Betrachter ab, was Teil, System oder Umwelt ist. Systeme sind offen, d.h. sie stehen in Bezug zu ihrer Umwelt. Systeme sind immer Teil eines noch grösseren Systems.

4. Komplexität
Komplex heisst nicht kompliziert. Ein komplexes System ist dynamisch, nicht statisch und kann viele Verhaltensweisen annehmen. Für ein komplexes System sind keine Vorhersagen nach analytischen Methoden möglich nur Erfahrungswerte machen eine Kontrolle möglich.

5. Ordnung
Es ist nicht alles mit allem, sondern nur Vieles mit Vielem verbunden. Ein System hat eine Struktur, ein Verhaltensmuster, eine Ordnung, welche ein System von einem anderen unterscheidet. Nur aus dieser Ordnung heraus können wir Erwartungen in das Verhalten eines Systems setzen, sie ist notwendig, um es zu verstehen und beeinflussen zu können.

6. Lenkung
Zielorientiertes Verhalten heisst, eingreifen bevor unerwünschte Folgen eintreten. Durch Lenkung erhalten wir Kontrolle über ein System. Es genügt nicht zu warten, bis Abweichungen auftreten, um dann regelnd einzugreifen, sondern durch Vorschau und zielorientiertes Lenken können wir verhindern, dass unerwartete Abweichungen auftauchen.

7. Entwicklung
Systeme können neue Verhaltensweisen annehmen und sind daher entwicklungsfähig. Der Mensch kann gestalten und lernen. Wenn das Gestalten ziel- und zweckorientiert eingesetzt wird, können wir Systeme beeinflussen. Dies fordert von uns Innovationsgeist und Kreativität.

Zusammenfassung:
Ganzheitliches Denken verlangt, dass wir uns nicht auf die Einzelelemente eines Systems, sondern auf deren Wechselwirkung untereinander konzentrieren.
Das Ganze muss wahrgenommen werden, nicht das Detail. Das Verändern eines Elementes wirkt sich auf das gesamte System aus. In einem vernetzten System führt nur zielorientiertes Handeln zum Erfolg. Beeinflussung von Einzelelementen ist nicht zielorientiert, sondern beruht auf der Methode „versuchen und irren“. Versuche mit dem System Mensch können das Leben kosten !

Der Mensch muss die ganze Schöpfung lieben – oder er wird nichts in ihr lieben.

Chief Dan George

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