Wesentlich jünger wie die Schröpfkunst ist die Baunscheidtsche Therapie. Ihr Erfinder, der Mechaniker Carl Baunscheidt (1809-1873) dachte sich, was die Chinesen mit ihrer Akupunktur mit wenigen Nadeln erreichen, liesse sich mit vielen Nadeln, bzw. Reizen, leichter und schneller erzielen. So entstand die deutsche Antwort auf die Akupunktur, auch „Akupunktur des Westens“ genannt.
Baunscheidt erfand ein Gerät, das er „Lebenswecker“ nannte.
Es ist ein Metallgriff, an dessen Ende sich gut ein Duzend Nadeln befinden. Mit diesem wurde die Haut leicht gestichelt.
Von ihm stammt auch der heute häufiger verwendete Roller oder Stichel mit Metallfeder, zum „Schnäppern“.
Die Haut wird grossflächig mit diesen Geräten behandelt und danach wird ein Hystaminchlorid-haltiges Öl in die Haut einmassiert. Dieses Öl, auch als Redskin-Öl oder Baunscheidt-Öl bekannt, verursacht einen mehr oder weniger starken Ausschlag auf den zuvor gestichelten Hautpartien.
Erzielt werden mit dieser Methode vier Wirkungen:
1. chronische oder akute Neuritiden werden geheilt,
2. über die Reflexzonen werden die zugehörigen Organe gestärkt,
3. kann über das Vegetativum auf das Hormone Geschehen Einfluss genommen werden und
4. werden aus den sich bildenden Pusteln Lymphflüssigkeit und Gewebeschlacken ausgeleitet.
Während der Behandlung verspürt der Patient eine angenehme Wärme, danach tritt neben einer Schmerzlinderung häufig auch eine psychisches Wohlbefinden auf.
Für die Baunscheidtsche Therapie eignen sich fast alle Hautzonen, abgesehen von Schleimhäuten, die zu empfindlich auf das starke Öl reagieren würden.
Indikationen sind:
- gichtische Stoffwechselentgleisungen,
- rheumatoide Schmerzzustände,
- entzündliche und degenerative Organveränderungen
- Neurodermitis und Vieles mehr.
Die Baunscheidtsche Therapie erfreute sich im 19. Jahrhundert grosser Beliebtheit und sie gehörte zum Schatz fast jeder Hausapotheke.